Von Denkmustern, mit denen wir uns selbst quälen

Der Therapeut als Tierpfleger

Kamele und Löwen

Im ersten Teil unseres Lebens sind wir Kamele, die durch die Wüste trotten und sich jedes „Tu dies“ und „lass das“ auf den Rücken packen lassen. Kamele denken nicht und erwidern nichts, spucken bestenfalls. Wenn das Kamel stirbt, wird an seiner Stelle ein Löwe geboren. Löwen brüllen und pflegen das eigene Fell. Wenn das Kamel zu sterben beginnt, besteht die Chance für persönliches Wachstum.

„Du musst…“
„Andere müssen…“
„Du sollst…“
„Andere sollten…“
„Du darfst nicht…“
„Andere sollten nicht…“

Es war Albert Ellis, der Begründer RET (Rational Emotive Therapie), der in Denkmustern, die durch Antreiber wie „ich muss“ oder „ich soll“ bestimmt sind, depressionserzeugende und stabilisierende  Faktoren erkannte. Häufig leisten wir zunächst wenig Widerstand gegen diese inneren Forderungen. Wir überprüfen sie nicht einmal auf Sinnhaftigkeit und Angemessenheit.

Doch was, wenn das Kamel unter seiner Last zusammenbricht und zu sterben droht? Es ist ja noch nichts Neues da. Die Übergangskrise füllt die Phase zwischen dem Tod des Kamels und der Geburt des Löwen. Alte Denk- und Lebensmuster müssen sterben. Anfangs ist der Löwe noch etwas wackelig. Neues ist noch fremd, wenig geübt und macht noch Schwierigkeiten. Brüllen und Pflege fallen noch schwer. Deshalb braucht der Löwe noch Unterstützung.

Therapie kann in der Wachstums- und Übergangsphase unterstützen.
Die Rolle des Therapeuten ist die des Geburtshelfers und des Tierpflegers für den heranwachsenden Löwen.

 

Literatur:

  • Liebe dich selbst wie deinen Nächsten: Die Psychotherapie der Selbstbeziehung von Stephen G Gilligan

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