Depressive Blindheit

Leben hinter dem bleiernen Schleier der Depression

Aus der Sicht eines Betroffenen:

„Meine Depression war so etwas wie ein bleierner Schleier um die Seele.
Auch die Augen waren verschleiert.
Ich lebte hinter dem Vorhang meiner depressiven Symptome.
Ich war blind gegenüber der Schönheit des Lebens.
Kein Sonnenstrahl durchdrang die Nacht.
Das Herz verdüsterte sich.
Alles wirkte trüb, vernebelt.
Sinnlosigkeit, Verzweiflung, Entmutigung, Gleichgültigkeit machte sich breit.
Eine der Wurzeln des Übels bestand in dem Gefühl, der Welt und sich selbst nicht zu genügen.“

Der depressive Mensch entwertet sich, vergleicht sich mit anderen und sieht seine Unzulänglichkeit. Wir spüren eine tiefe Kluft zwischen Erwartungen und Erreichtem. Unser aufgeblasenes Ich-Ideal, die Größenvorstellung von unserem Selbst wird massiv frustriert. Wir schaffen es noch nicht, längst überholte Wünsche, Ansprüche an uns und die Welt loszulassen. Wir halten fest an Sichtweisen, die der eigenen Wirklichkeit nicht mehr entsprechen. Wir klammern an einem Lebensmuster, das uns nicht länger trägt. Wir erstarren in etwas, was nicht mehr lebensfähig ist.

Die Entstehung der Depression ist häufig eine Geschichte aus Enttäuschungen und Widerständen gegen das, was ist. Sie nährt sich aus zerbrochenen Illusionen, aus Fixierungen und aus Anhaftung an alten Konditionierungen. Das Zerbrechen einer Illusion zerstört unseren Schutzpanzer. Wir sind mit einem Mal verletzlich. Vielfach entsteht ein Gefühl des Verlorenseins in der Welt, von Wurzellosigkeit.

Die Depression ist dann ein Hilferuf der Seele nach Wurzeln, nach Bodenhaftung, einer Mitte, einer Heimat, nach Geborgenheit, nach Stetigkeit und Vertrauen.

Schreiben Sie einen Kommentar