Wenn ich stehe, dann stehe ich…

Eine ZEN-Geschichte der Achtsamkeit

Es kamen einige Schüler zu einem alten Zenmeister.
„Herr“, fragten sie „was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so glücklich wie du.“

Der Alte antwortete mit mildem Lächeln:
„Wenn ich liege, dann liege ich.
Wenn ich stehe, dann stehe ich auf.
Wenn ich gehe, dann gehe ich und
wenn ich esse, dann esse ich.“

Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: „Bitte, treibe keinen Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was ist also dein Geheimnis?“

Es kam die gleiche Antwort:
„Wenn ich liege, dann liege ich.
Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf.
Wenn ich gehe, dann gehe ist und
wenn ich esse, dann esse ich.“

Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend fügte der Meister nach einer Weile hinzu: „Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst.
Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans Aufstehen.
Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht
und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet.
So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid.
In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt.
Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein.“

Was also tut der Weise? Wenn er sitzt, dann sitzt er. Wenn er steht, dann steht er. Wenn er geht, dann geht er. Was tun wir? Wenn wir sitzen, dann stehen wir schon. Wenn wir stehen, dann gehen wir schon. Und wenn wir gehen, dann sind wir schon da.

Unser Verstand ist ständig in Bewegung. Er ist nicht in der Gegenwart zuhause, sondern er ist bei dem, was in der Vergangenheit war oder was in Zukunft sein wird. Und er ist unablässig damit beschäftigt, alles einzuteilen in Kategorien von gut oder schlecht, schön oder hässlich, nützlich oder nutzlos, harmlos oder gefährlich, angenehm oder unangenehm.

Im Stadium der Achtsamkeit kommen wir zurück zur unmittelbaren Erfahrung unserer Sinne und wir sind offen für die Wirklichkeit, so wie sie gerade ist,  Hier und Jetzt. Natürlich ist dies ausgesprochen schwierig, denn unser Geist schweift immer wieder ab und wir verfangen uns in unseren Gedanken.

Das Ziel ist nicht, irgendwo anders hinzugelangen, sondern da, wo man ist, wirklich ganz zu sein. Achtsamkeit lässt sich üben, sowohl in meditativen Achtsamkeitsübungen als auch in den Aktivitäten des Alltags. Und der Effekt wird immer beeindruckender, je mehr wir üben. Je weiter wir fortschreiten in der Achtsamkeitspraxis, umso mehr Kraft und Zuversicht können wir daraus ziehen.

Jeder Augenblick ist ein neuer Anfang, eine Chance, um weiterzumachen. Wir können uns zunehmend ausrichten auf das, was wirklich zählt im Leben.

 

Achtsamkeitsmeditationen

Achtsamkeit im Alltag – „MINI-MAX“-Meditationen

 

Literatur

  • Achtsamkeit für Anfänger von Jon Kabat-Zinn und Mike Kauschke
  • Im Alltag Ruhe finden: Meditationen für ein gelassenes Leben von Jon Kabat-Zinn und Theo Kierdorf
  • Das Leben annehmen: So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) von Matthias Wengenroth

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