Wie wirklich ist die Wirklichkeit wirklich?

Von der Verselbständigung der Denkmaschine

Durch unser Denken erschaffen wir unsere eigene Wirklichkeit und halten sie für wirklich…

Von Paul Watzlawik stammt die Geschichte mit dem Hammer:

Ein Mann will ein Bild aufhängen.  Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und da bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht‘s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er «Guten Tag» sagen kann, schreit ihn unser Mann an: «Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!»

Wir neigen dazu, uns Szenarien auszudenken, was alles passieren könnte. Und manchmal bekommen diese inneren Geschichten eine Eigendynamik, die weder durch Logik noch durch Erfahrung gestützt ist. In einer Krise konstruieren sich Betroffene häufig ihre vermeintliche Zukunft und das mit einer sich aufschaukelnden Dynamik.

Was geschieht, wenn ich es nicht schaffe? Was passiert, wenn andere merken, was mit mir los ist? Wenn ich versage? Wenn ich meinen Arbeitsplatz verliere? Wenn ich nie mehr Arbeit finde? Wenn ich nicht mehr geliebt werde, weil ich krank bin? Wenn meine Partnerin mich verlässt? Wenn ich nie mehr jemanden finde, der mich liebt?

Es stellt sich die Frage,  wie wäre die Geschichte mit dem Hammer verlaufen ohne den ersten Zweifel? Vielleicht hätten der Mann und sein Nachbar einen Kaffee zusammen getrunken. Den ersten Zweifel zu erkennen und vorbeiziehen zu lassen, ohne die ganze Spirale in Gang zu setzen ist eine Fähigkeit, die man erlernen kann.

Wahrnehmen, nicht beurteilen, loslassen.

Die achtsamkeitsbasierten Therapieformen enthalten Übungen, die das Gewahrsein für aufkommendes mentales Unheil schärfen. Wehret den Anfängen unheilvoller Denkmuster.

Literatur

  • Anleitung zum Unglücklichsein von Paul Watzlawick
  • Wie wirklich ist die Wirklichkeit?: Wahn, Täuschung, Verstehen

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