Psychische Krisen sind spirituelle Herausforderungen

Die Krankheit als Geburts- und Reifeprozess

In einer dunklen Zeit beginnt das Auge zu sehen.
Theodor Roetke.

Wenn wir die Krise als eine spirituelle Herausforderung begreifen, dann kann Spiritualität helfen, mit der Depression umzugehen. Wenn es gelingt, die Krankheit als Geburtsprozess und Reifeprozess zu verstehen, wird ein anderer Umgang mit ihr möglich. Wenn wir die depressive Episode als Inkubationszeit für Neues, das ausgebrütet wird, verstehen können, wird es eher möglich, akute Phasen zu überstehen. Mehr Wohl-Sein setzt die Bereitschaft zum Loslassen voraus. Neues wird nur entstehen, wenn wir den Mut haben, die Krücken alter Konditionierungen wegwerfen. Es macht vielfach keinen Sinn zu klammern. Hierbei geht es auch um die Aufgabe von problembehafteten Ich-Bindungen. Letztlich ist das Ziel, die Grenzen der alten Identität zu überschreiten. Fromm nennt das, das Gefängnis des Ich transzendieren. Ja sagen zu dem, was ist. Das Annehmen der Depression kann zu mehr innerer Klarsicht führen. Es kann ein Gespür dafür entstehen, worum es eigentlich geht im Leben.

Wer seine Depression ablehnt oder hasst, den wird sie immer wieder heimsuchen. Je mehr wir sie verneinen, desto mehr wird sie zu einem unbezwingbaren Feind, der uns im Griff hat. Die Selbstverurteilung dafür, dass man depressiv ist, stabilisiert die Depression. Die ewige Frage nach dem warum bringt uns nicht weiter. Es macht Sinn zu versuchen, sich aussöhnen mit der Depressivität, sie als Begleiterin anzunehmen und sie in unser Lebenskonzept zu integrieren. Es ist wichtig, dass Betroffene sich von ihren mit der Depression verbunden Schuldgefühlen verabschieden. Es ist entlastend damit aufzuhören, sich selbst zu verurteilen  und sich selbst zu vergeben.

Doch es erfordert Demut und Mut, hinabsteigen bis auf den tiefen Grund der eigenen Seele und sich mit mit sich selbst und seiner Krankheit auszusöhnen.

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